Moin,
Eugen B. Jantzen schreibt 1929 in dem Artikel „Die Bewohner der Dörfer Groß- und Klein-Zünder im 17. und 18. Jahrhundert“ (siehe Danziger familiengeschchtliche Beiträge, herausgegeben von der Gesellschaft für Familienforschung, Wappen- und Siegelkunde in Danzig, Heft1 – 7, Danzig 1929 -1943, Sonderschrift des Vereins für Familienforschung e.V. Nr. 60, Nachdruck Hamburg 1988, S. 101 – 114) auf Seite 101: „Wie alle freiköllmischen Bauern führten die Hofbesitzer hier wie anderwärts Hofmarken, die am Hofe und an allem lebenden und toten Inventar, nicht an der Person des Eigentümers, hafteten.“
Der Autor sagt nicht, ob er die Hofmarken in Klein- und Groß-Zünder Ende der 20-er Jahre selber gesehen hat oder ob er sie anhand der verwendeten Quellen zusammenstellte. Er sagt auch nicht, wo sich diese Hofmarken gemeinhin am / im Haus befanden. – Die Gebäude konnten, Jantzen richtig verstanden – durchaus an neueren Gebäuden befestigt sein und nicht nur an alten, da bei der Zerstörung der Hofgebäude, z.B. durch Brand, die Hofmarke unverändert erhalten blieb.
Frage an das Forum: Hat jemand von Euch irgendwo im Werder solch eine Hofmarke bereits gesehen? Falls ja, wo befand sich diese. Habe mir unter dem Hofmarkenaspekt auch noch einmal Wolfgangs kürzliches Photo des Vorlaubenhauses in Neukirch angeschaut – hatte es selber im letzten Jahr photographiert – und festgestellt, dass sich auf dem Türbalken kaum etwas befindet, was sich als Hofmarke identifizieren ließe. Und auch die vier von Jantzen erwähnten Hofmarken auf der Kirche in Groß-Zünder mit der Jahreszahl 1718 habe ich nicht finden können.
Die Überlegung dabei: Falls man die alten Hofmarken heute noch finden würde, könnte man eventuell herausbekommen, auf welchen Höfen die Altvorderen saßen …
Jantzen listet hauptsächlich anhand von Kirchenbüchern für 1633, 1648, 1663, 1665 und 1733 die Namen und Hofmarken in Klein- und Großzünder auf. Das Irritierende dabei ist, dass sich kaum ein Name zu den Zeitpunkten wiederholt. In größeren Zeitabständen kann ich mir ja vorstellen, dass aufgrund von Seuchen (Pest, etc.), Überschwemmungen oder Krieg ein Dorf untergeht und danach neue Einwanderer einsickern. Aber warum 1665 kein Name identisch ist mit dem von 1663 verstehe ich einfach nicht.
Nach den Hofeigentümern von 1733 (mit Angabe der Hofgröße) listet Jantzen die Besitznachfolger bis ins 19. Jahrhundert auf, wobei er nur in Ausnahmefällen angibt, in welchem Jahr die Hofübername erfolgte. Überraschenderweise nutzt Jantzen dabei weder die Ergebnisse der Erhebung über die Eigentumsverhältnisse im Werder von 1772 (nach der 1. Polnische Teilung. Marburger Auszüge, siehe http://www.odessa3.org/collections/land/wprussia/ , nur Name, Vorname, Ort, zuständiges Amt), noch die von 1793 (nach der 3. Polnischen Teilung. Ernst Bahr, Das Territorium der Stadt Danzig und die Danziger Hospitalgüter bei der Preußischen Landesaufnahme von 1793, Sonderschriften des Vereins für Familienforschung in Ost- und Westpreußen e.V., Nr. 57, Hamburg 1987 - Band 1 als pdf, damit lässt sich hervorragend suchen, Band 2 noch nur gedruckt, mit sozioökonomischen Daten, Kinder, Personal, Vieh, Land, Landqualität. Jantzens Angaben passen vielfach nicht mit den Daten von 1793 zusammen.
Aber sei’s drum. Es fällt bei der Jantzen-Aufstellung etwas anderes auf: Es gibt eine überschaubare Zahl von Fällen, wo die aufeinander folgenden Besitzer den gleichen Nachnamen tragen. D.h., der Vater hat den Hof an den Sohn vererbt. Es gibt keinen einzigen Fall, wo der Nachname dreimal hintereinander auftaucht (Vater, Sohn, Enkel). In den meisten Fällen trägt der nachfolgende Besitzer einen anderen Namen. Beispiel, ohne Vornamen und sonstige Anmerkungen: 1733: Fast, dann Schumacher / Mölke / Höpfner / Brenkel / Tabbert / Schumacher / Schumacher, dessen Sohn. Der Vorletzte wird 1793 als Eigentümer gelistet.
Da denke ich als Amateur, dass die Höfe 100, vielleicht auch 200 und mehr Jahre im Familienbesitz bleiben – und nun so etwas! Das macht den Eindruck, als ob oftmals ein Eigentümer den Hof für 10 bis 25 Jahre bewirtschaftet hat und ihn dann verkauft / abgegeben hat… Ok, es ist auch der Fall vorstellbar, dass der Nachfolger einheiratet und sich deswegen der Nachname des Eigentümers ändert. Aber damit lässt sich nicht der Normalfall, sprich, die große Anzahl an veränderten Eigentümernamen erklären. Oder hat man im 18. Jahrhundert in Klein- und Groß-Zünder nur Mädchen gezeugt? Unwahrscheinlich.
Da hatte ich gedacht, dass ich mit dem Jantzen-Artikel locker flockig ohne das Studium der Kirchenbücher in. der Familiengeschichte bis zum 30-jährigen Krieg kommen würde. Ist wohl nichts damit. Mein Vater ist zwischen 1930 und 1933 als Schüler durch die Kirchen marschiert und ist bis 1648 gekommen, aber natürlich sind alle seine Unterlagen im Krieg untergegangen.
Hat jemand Erklärungen für diese wechselnden Eigentumsverhältnisse? Hat jemand so etwas woanders beobachtet – oder das Gegenteil, dass der Hof lange Zeit im Familienbesitz verblieb?
Beste Grüße zurzeit aus Kronberg,
Rainer MueGlo