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Thema: Seebestattung in der Danziger Bucht

  1. #1
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
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    Standard Seebestattung in der Danziger Bucht

    Seebestattung in der Danziger Bucht

    Donnerstag, 30. Oktober 2003, vormittags

    Quietschend und ruckelnd setzt sich der Arm des Scheibenwischers in Bewegung, verschafft halbkreisförmig freien Blick durch die Frontscheibe des alten Polski Sirena, in den wir uns zu viert hineingequetscht haben. Es gießt draußen. Wir sind auf dem Weg zum Seglerhafenbecken in Gdingen. Eine Schranke versperrt den Weg, aber wir folgen einem Wagen mit Einfahrtberechtigung und erreichen den Liegeplatz des Zweimasters „Knudel“.

    Hans-Peter Klages, Hamburger mit Gdingener Wohnsitz, ein stämmiger Seebär mit roter Nase ist Eigner und Kapitän des Seglers. Er erwartet uns an Bord des Schiffes. Sein Steuermann begrüßt uns schweigend mit Handschlag und angedeutetem Kopfnicken. Mitfahren werden Peter Oestmann, Manager des Minigolfclubs, Erwin Sarach, deutschstämmiger Zoppoter und Gerhard Olter, Geschäftsführer der Deutschen Minderheit in Danzig.

    Zum Segeln ist die See heute zu kabbelig, wir werden unter Motor auslaufen. In einen leichten Regen mischen sich vereinzelte Schneeflocken, es graupelt. Ich springe vom Kai über die Reling, gehe zum blumengeschmückten Vordeck. Hier stehen zwei Salzurnen mit der Asche von zwei Verstorbenen, deren letzter Wille es war, in heimatlichen Gewässern, in der Danziger Bucht, beigesetzt zu werden. Hier im Hafen ist es etwas geschützt, fast windstill, und wir hoffen auf Wetterbesserung.

    Eine alte Dame wollte in die Heimat zurückkehren, eine Ostpreußin aus Königsberg, und ein gerade mal 56-jähriger Argentinier, aus Buenos Aires, dessen Mutter Danzigerin war. Wir werden sie auf ihrer letzten Fahrt begleiten.

    Im fahlen Licht lösen wir die Leinen, Regenschauer peitschen über das Deck. Es ist ungemütlich. Ein Pott voll steifen Tees wärmt Hände, lässt die Kälte vergessen. Wir laufen aus dem Hafenbecken, wenden uns nordwärts. Der Segler schaukelt sich unter Motor durch die Wellen, legt Meile für Meile zurück.

    An der Beisetzungsstätte angekommen, befiehlt der Kapitän „Maschine stopp“. Auf dem Vordeck setzt er seine Mütze ab, gedenkt der Verstorbenen mit bewegenden Worten. An einer Leine werden die Urnen nach altem Seemannsbrauch steuerbords langsam über die Reling gelassen. Durch den gelochten Urnenboden dringt Wasser in die Gefäße und bereits nach wenigen Augenblicken versinken sie in der Flut. Als letzten Gruß übergeben wir die Blumengebinde der See. Die Schiffsglocke schlägt acht Klasen, vier Doppelschläge, und während wir im stillen Gebet einhalten, kreist der Steuermann drei Mal um die Beisetzungsstätte.

    Eine alte Ostpreußin und ein Argentinier mit Danziger Vorfahren haben hier in der Danziger Bucht ihre letzte Ruhestätte gefunden. Wir sind schweigsam. Kapitän Klages geht in seine Kajüte, stellt die Beisetzungsdokumente aus. Auf schwerem Urkundenpapier trägt er die Position ein, außerdem Datum und Zeit, siegelt dann die Dokumente.

    Wir haben zwei Menschen auf ihrer letzten Reise begleitet. Einer Reise, die für sie eine Fahrt nach Hause war. Ein Blick zurück auf die bewegte See stimmt melancholisch. Aber entsprechend ihres letzten Wunsches sind sie nun dort angekommen, wohin sie wollten: In ihrer alten Heimat, zu Hause.

    Ein weiterer, sehr persönlicher Bericht ist zu finden unter: http://forum.danzig.de/showthread.php?p=4257
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    Das ist die höchste aller Gaben: Geborgen sein und eine Heimat haben (Carl Lange)
    Zertifizierter Führer (deutsch/englisch) und Volontär in der Gedenkstätte und Museum "Deutsches Konzentrationslager Stutthof" in Sztutowo
    Certyfikowany przewodnik i wolontariusz po muzeum "Muzeum Stutthof w Sztutowie - Niemiecki nazistowski obóz koncentracyjny i zagłady"

  2. #2
    Forum-Teilnehmer Avatar von jonny810
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    Daumen hoch Seebestattung in der Danziger Bucht

    Seebestattung in der Danziger Bucht

    Noch lange bevor ich das -forum danzig- kannte wußte ich, daß die Danziger Bucht auch meine letzte Ruhestätte sein wird. Mit Herrn Klages hatte ich schon Kontakt aufgenommen. Dieser gab mir dann die Hamburger Adresse von wo aus die Sache organisiert wird. Ich hoffe aber innigst, bevor es dazu kommt, noch oft nach Hause zu kommen, nach Danzig.
    Mit etwas Wehmut im Herzen, Erhart vom Schüsseldamm.

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