Heubude
Nicht die Cote d'Azur, die Copacabana oder die italienische Riviera - nein Heubude - wenn es noch so wäre wie in den 30er-, Anfang 40er-Jahren. H-e-u-b-u-d-e. Das bedeutete Ostseerauschen, Kiefern, feiner weißer Sand, Dünen.
Wohnhaft am Stadtgraben, konnten wir am Hansaplatz in die Straßenbahn nach Heubude einsteigen. Da war sie noch leer, was sich dann im Laufe der Fahrt extrem änderte. Für die Schulferien hatten wir (mein Bruder und ich) Ferienkarten, aber ich fuhr auch schon mal alleine nur mit meiner Freundin Esther, die an der Sandgrube wohnte, an den Strand. Meistens allerdings mit den Eltern. Wenn wir in Heubude ankamen, ausstiegen und das Rauschen des Meeres zu hören war, war ich wie elektrisiert. Ich konnte es nicht erwarten, ins Wasser zu springen.
In Heubude gab es den "wilden" Strand, den mit den Strandkörben und dann gab es noch "das Bad". Das Bad war ein mit Holzkabinen abgetrennter Strand. Man bezahlte Eintritt und konnte sich dann in einer Kabine umziehen. Man öffnete an der anderen Seite der Kabine eine Schiebetür und übergab seine Kleidung, über Bügel gehängt, Frauen, die diese gegen Aushändigung einer Marke aufbewahrten.
Aber meine Eltern hatten einen Strandkorb gemietet, der dann sozusagen unser Zuhause war. Zwei Strandtaschen gab es. Eine für das Essen und eine für die Strandsachen. Herrlich die Brote mit Rhabarber/Erdbeermarmelade oder der Kartoffelsalat mit Klopsen.
Meine Eltern waren gute Schwimmer und ich sah in der Ferne oft nur die gelbe Badekappe meiner Mutter, wenn sie bis zur Sandbank geschwommen waren. Unseren Vater hatten wir manchmal im Sand eingegraben, so dass nur noch der Kopf herausragte. Er wurde schnell sehr braun und ich habe ihm dann vom Rücken kleine Hautablösungen abgezogen.
Bei Wind bzw. Sturm wurden große Bälle an einer Stange hochgezogen. Erst einer, dann zwei und wenn es drei Bälle waren, dann sollte man nicht mehr ins Wasser gehen, weil das Meer zu bewegt war, die Wellen zu hoch. Trotz allem gab es immer mal Menschenaufläufe am Strand und da wusste man, es war wieder ein Ertrunkener aus dem Wasser gezogen worden.
Die Strandhalle war auch so eine Besonderheit. Man konnte sein mitgebrachtes Kaffeemehl in eine Kanne geben, es wurde heißes Wasser daraufgeschüttet und man saß auf langen Bänken in der Sonne und aß dazu eigene Stullen oder Selbstgebackenes.
Im Kurhaus war ich ab und zu mit meinem Vater am Sonntag vormittag und bekam ein "Heißgetränk". An den Geschmack kann ich mich noch heute erinnern.
Das Wieder-nach-Hause-fahren mit der Straßenbahn am Abend war wegen der Fülle etwas anstrengend, aber bis zu unserer Haltestelle am Hauptbahnhof wurde es dann leerer.
In einem Jahr wohnten wir zur "Sommerfrische" bei einer Familie Schlicht in Heubude. Der wunderbar romantische Heidsee lag in der Nähe und ich durfte auch mal das Feuerwerk, das dort spätabends veranstaltet wurde, genießen.
Es war eine wunderbare Zeit, an die ich mit Freude, aber auch mit Trauer, zurückdenke.
-------