Hallo in die Runde!
Nun endlich habe ich etwas Zeit gefunden, meinen Reisebericht ins Forum zu stellen.
So wie meine Omi immer von Danzig erzählt hat, mußte diese Stadt ja etwas ganz besonderes gewesen sein. Die Stadt, die Menschen, die Luft, das Wasser, einfach alles hat sie zeitlebens hier im Westen als Flüchtling zu sehr vermißt. Sie weinte meistens, wenn sie von Danzig erzählte. Heute verstehe ich warum sie weinte, damals war ich noch viel zu klein um es zu verstehen.
Schon viele Wochen vorher habe ich durch einen Tip eines Forumsmitgliedes eine private Adresse auf dem Zigankenberg bekommen. Es ist unsere Helga-Danzig!! Ich habe Kontakt zu Helga aufgenommen und wir haben alles per E-Mail geregelt. Da Helga Deutsche ist, war es für mich natürlich ein super Glücksfall, daß ich nicht mit einem polnischen Wörterbuch durch Danzig laufen mußte. Also war meine Freude auf diese Reise noch größer.
Am Sonntag, den 17.05.2009 ging endlich meine lang ersehnte Reise in die Heimatstadt meiner Omi los. Unser Flug (ich flog mit einer Freundin) startete um 13.45 Uhr vom Dortmunder Flughafen mit WIZZ-AIR.
Der Flug dauerte nur 1.5 Stunden und verlief ohne Zwischenfälle. Gespannt auf alles, was mich dort erwarten würde, konnte ich kaum die Landung erwarten. Ca. 15.15 landeten wir schließlich in Danzig. Am Ausgang wurden wir von Helga und ihrem Mann sehr freundlich erwartet, denn sie waren so nett, uns vom Flughafen abzuholen. Mit dem PKW ging es dann los zum „SUCHANINO“.
Wir hatten ein sehr schönes, großes Zimmer unter dem Dach mit 2 großen Betten. Helgas Enkelsöhne trugen unsere Koffer nach oben und wir hatten nach der Ankunft dort ca. ½ Stunde Zeit uns etwas einzurichten und dann ging es auch schon los. Da Helga von mir schon wußte, was ich gerne alles sehen würde, hat sie sich gut auf uns vorbereitet! Sogar mehrere Busfahrkarten hatte sie vorher schon für uns gekauft.
Zuerst ging es los zu Fuß mit Helga und meiner Freundin nach Schidlitz. Später fuhren wir dann aber mit Bus und Straßenbahn weiter. Wir maschierten zur Weinbergstraße, in der ein Teil von Omis Familie gelebt hatte. Einige alte Häuser gab es dort noch, aber es war auch schon sehr viel umgeändert worden. Die Häuser Nr. 14 +22 + 25 standen natürlich nicht mehr (verständlich nach 60 Jahren!!) Die Franziskuskirche, in der meine Omi getauft wurde, war leider geschlossen, aber ich hoffe auf nächstes Jahr! Als wir schließlich in der Neuen Sorge 12 (ul. Pobiedzisko) ankamen, konnte ich kaum glauben, daß ich nun vor dem Haus stand, in dem meine Omi vor fast 100 Jahren geboren wurde. Ich hätte stundenlang dort stehen bleiben können, um mich nicht mit meinen Gedanken und Gefühlen überschlagen zu müssen. Aber wir mußten ja weiter!! Unser erster Tag in Danzig endete in der Altstadt, wo wir 3 dann zum Abschluß den Tag mit einer Pizza ausklingen ließen.
Am nächsten Morgen, gestärkt mit einem super reichhaltigen Frühstück ging es wieder los. Es ist erstaunlich, mit welchem Elan die Helga uns alles zeigte und erklärte und eifrig mitmarschierte.Wir fuhren erst nach Langfuhr, wo wir durch ein riesiges Einkaufszentrum gingen, um anschließend nach Oliva, der Geburtsstadt von Helga, zu fahren. Dort gingen wir durch den wunderschönen Schloßpark zum Schloß und anschließend zum Olivaer Dom, wo wir einem 15-minütigen Orgelkonzert lauschen konnten. Weiter ging es von dort nach Zoppot. Wir schlenderten die Fußgängerzone entlang bis hin über die Mole direkt an die Ostsee. Es war wunderschön dort !Dann ging es nach Neufahrwasser, der Geburtsstadt meines Opas. Auch das Haus, in dem er geboren wurde, in der Albrechtstraße 32, existierte noch. Als junge Eheleute lebten meine Großeltern in der Hedwigkirchstraße 8. Auch dieses Haus gab es noch. Unter dem Putz an der Hauswand konnte man sogar noch das uralte Nummernschild sehen, da der Putz an dieser Stelle abbröckelte! In diesem Haus wurde auch mein Onkel Artur Gerhard Niklas geboren. Leider war die Hedwigkirche dort auch abgeschlossen, sodaß wir sie auch sie nicht besichtigen konnten.
Von dort aus fuhren wir mit der Straßenbahn weiter nach Lauental. Im Redefkaweg angekommen, mußten wir feststellen, daß viele Häuser dort zum Abriss bereitstehen, da dort ein großes Fußballstadion für 2012 gebaut wird. Es ist ein kleiner sehr sehr armer Stadtteil mit sehr viel Armut. Ich hatte allerdings wieder einmal sehr großes Glück, daß ich nach über 60 Jahren noch ein letztes Mal das Haus sehen durfte, in dem meine Omi bis zur Vertreibung mit ihrer Familie gelebt hat. Und wieder einmal hatte ich ein riesiges Gefühlschaos in mir drin!! Meine Gedanken überschlugen sich förmlich. Ich habe Tage später erst auch alles richtig realisiert, was ich dort alles gesehen und fotographiert hatte! Ich bin unserer Helga sehr dankbar, daß sie mit uns gegangen ist, da wir sonst niemals so viele Sachen gesehen und gefunden hätten. Wir hatten ja im Prinzip nur 4 volle Tage Zeit!!!
Am Dienstag waren wir dann ausschließlich nur die wunderschöne Altstadt und einige herrliche Kirchen erkundet, soweit wir halt kamen. All die Fotos, die man sonst immer nur auf Bildern oder im TV sieht….und nun standen wir mittendrin!! Einfach nur herrlich!
Zum Mittag gab es dann Piroggis mit Fleischfüllung und rotem Kraut in einem kleinen neu eröffneten Restaurant an der Mottlau. Mmmhh köstlich!!
Mittwoch ging es mit dem Schiff nach Westerplatte, wo wir einige schöne Stunden verbrachten.
Nachmittags waren wir dann mit Helga beim Bund der deutschen Minderheit in Langfuhr, wo ich auch Regina aus unserem Forum kennengelernt habe. Die älteren Herrschaften dort haben uns sehr herzlich begrüßt. Es war dort eine lustige Stimmung, es wurde gelacht, gesungen und vorgelesen. Kaffee und Kekse waren natürlich auch dabei.
Anschließend fuhr Helga noch mit nach Brösen zum Strand, wo wir leider von einem Regenschauer überrascht wurden, der aber Gott sei Dank nicht von langer Dauer war.
Das wunderbare Bernsteinmuseum und die Peinkammer haben wir dann am Donnerstag besichtigt. Zum Schluß haben wir dann noch die Marienkirche besichtigt. Ich bin dann noch die 400 Stufen zum Turm hinauf , um den herrlichen Ausblick zu genießen. Gerne hätte ich noch viel mehr Bilder von dort oben geschossen, aber ich hatte dort oben leider nur noch knapp 6 Minuten Zeit. Ich war an diesem Tag die letzte, die hier hochgehen durfte, da um 18 Uhr geschlossen wurde. (Und wieder einmal….was für ein Glück oder Zufall??)
Total überwältigt von den vielen vielen Eindrücken und gesehenen Sachen (DANKE AN HELGA!!!) fielen wir an unserem letzten Abend totmüde ins Bett.
Am Freitagmorgen, gestärkt mit einem letzten leckeren Frühstück mit Rührei, hielten wir wir noch ein letztes Pläuschchen mit Helga und ihrem Mann. Die 2 waren so nett und lieb, daß ich nächstes Jahr, falls alles klappt, auf jeden Fall dort wieder ein Zimmer nehme, wenn ich Danzig wieder besuche.
:heart:lichst HEIDI